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Geschichte der Transplantation

Die Geschichte

der

Organtransplantation

zusammengetragen aus vielen verschiedenen Quellen

von Dipl.-Ing. Wolfgang Ludwig

und weitergeführt von Transplant-Kids e.V.

Vorwort

  

Während der italienischen Renaissance entwickelte der Arzt Gaspare Tagliacozzi aus Bologna (1545-1599) eine Methode der Nasenrekonstruktion aus eigenem Gewebe und hielt bereits damals fest, dass der singuläre Charakter des Individuums uns vollkommen davon abhält, dieses Verfahren an einer anderen Person auszuführen. Ob er damit eine Abstoßungsreaktion meint, wie wir sie heute kennen, ist nicht belegt.

Vorwort

 

1945 wurde in Boston ohne nennenswerten Erfolg eine Niere eines verstorbenen Mannes auf eine Frau mit schwerem Nierenversagen transplantiert. Mehrere weitere Versuche folgten, wobei die Operationen jeweils erfolgreich waren, das Transplantat jedoch innerhalb weniger Monate durch die Abstoßungsreaktion zerstört wurde. Ursache dieser Misserfolge war das fehlende Verständnis der immunologischen Reaktionen. 1954 wurde in Boston durch den Arzt Joseph Murray die erste erfolgreiche Nierentransplantation durchgeführt. Die Niere stammte vom Zwillingsbruder des Patienten, eine Abstoßungsreaktion konnte daher nicht auftreten. Der Patient wurde gesund und konnte nach der Operation ein normales Leben führen.

Vorwort

 

In dieser Zeit wurden auch erste Methoden für die Unterdrückung der Abstoßungsreaktion entwickelt. Beispiele sind die Ganzkörperbestrahlung mit Röntgenstrahlen oder starke Medikamente. 1962 konnte, erstmals die Niere eines Spenders auf einen nicht verwandten („post mortal“) Empfänger übertragen werden. In der Folge und während vielen Jahren wurden günstige Resultate vor allem durch Behandlungen mit den Medikamenten Kortison und Azathioprin erzielt.

1817

Die erste belegte autogene Hauttransplantation wurde im Jahre 1817 durch den britischen Chirurgen Sir Astley Paston Cooper (1768- 1841) am Guy's Hospital in London durchgeführt.

1835

Der Chirurg und Philantrop Samuel K. Bigger beschäftigte sich systematisch mit der Frage der „Wiederherstellung“ der Hornhaut und konnte bereits 1835 die erste erfolgreiche Hornhaut-transplantation durchführen. Bigger unternahm ebenfalls Tierversuche an Kaninchen und an einer Gazelle mit getrübter Hornhaut. Seine guten Erfolge rissen ihn zu der euphorischen Aussage hin, am Menschen werde mit noch besseren Ergebnissen zu rechnen sein. Dabei erhielt er die Verwendung von Schweinhornhaut für geeignet.

1883

  

Der Berner Chirurg Theodor Kocher (1841- 1917) verpflanzte einem jungen Mann menschliches Schilddrüsengewebe unter die Haut und in die Bauchhöhle. Dem Patienten war die Schilddrüse entfernt worden und mithilfe der Transplantation konnte die dadurch verursachten Wachstums- und Entwicklungsstörungen gelindert werden. Seine Arbeiten über die Schilddrüse brachten ihm 1909 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin („für seine Arbeit über die Physiologie, Pathologie und Chirurgie der Schilddrüse“) ein. Damit ist er der erste Chirurg, der den Nobelpreis für Medizin erhielt.

1899

  

Emerich (Imre) Ullmann (1861-1937), in Pecs geboren, leitet 1899 und 1900 verschiedene Experimente mit Darmtransplantatempfängern am Wiener Krankenhaus, wo er zeitlebens seine Wirkungsstätte hatte. Rückblickend muss er als „Vater“ der Darmtransplantat-empfänger gesehen werden.

1901

 

Das erste menschliche Blutgruppen-system (A-B-O) wird in Wien von Karl Landsteiner (1868-1943) entdeckt. Damit sind erste Bluttransfusionen möglich, die erste Form der Transplantation. Landsteiner entdeckte, dass bei Kontakt das Blut zweier Menschen oft verklumpte (Hämagglutination). 1901 stellte er fest, dass dieser Effekt auch durch Kontakt von Blut mit Blutserum eintrat. In der Folge gelang es ihm dann, die drei Blutgruppenmerkmale A, B, und 0, die er als C bezeichnete, des menschlichen Blutes zu identifizieren. 1930 erhält Landsteiner den Nobelpreis.

1901

  

Das (erst 1910 von Emil von Dungern und Ludwik Hirszfeld so bezeichnete) Blutgruppenmerkmal AB wurde 1902 von zwei Kollegen Landsteiners, dem Wiener Internisten Alfred von Decastello-Rechtwehr (1872-1960) und dessen Mitarbeiter Adriano Sturli (1873-1964), entdeckt. Die 1910 von Dungern und Hirszfeld vorgeschlagene ABO-Nomenklatur wurde übrigens erst 1928 auch international übernommen.

1902

Die weltweit erste technisch gelungene Nierentransplantation an einem Hund wird durch Emerich Ullmann (1861-1937) in Wien vorgenommen. Die Niere funktioniert 5 Tage. Bald darauf war der Versuch, die erste renale Xenotransplantation zwischen einer Ziege und einem Hund vorzunehmen, erfolglos. Nach einem erfolglosen Versuch, ein Schweine-Niere in einem menschlichen Patienten, die in der Endphase der Nierenerkrankung war, zu verpflanzen, beendete er die Forschung an der Nierentransplantation. Ullmann führte auch Forschungen an Geweben und andere Organtransplantationen durch. 

1902

Im selben Jahr beschrieb auch Alexis Carrel (1875-1944) in der französischen Fachzeitschrift „Lyon Médical“ ein ähnliches Experiment. Als erster Chirurg verband er Blutgefäß mit feiner Seide durch eine einreihig fortlaufende Naht (Gefäß- anastomosen-Technik). Bereits zu diesem Zeitpunkt dürfte er die Tragweite seiner Gefäßnahtversuche geahnt haben. Er notierte: „Heute eine chirurgisch - technische Kuriosität, könnten Transplantationen ... eines Tages praktisches Interesse haben“. 

1903

Erwin Payr (1871-19466), ein österreichisch- deutscher Chirurg entwickelte die ersten praktikablen Methoden der Gefäßnaht - Grundlage vieler chirurgischer Eingriffe. Die führte zu einem weit verbreiteten Interesse an der Organtransplantation im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. 

1905

 

Am 7. Dezember 1905 gelang dem österreichischen Augenarzt Dr. Eduard Zirm (1863-1944) die erste Hornhauttransplantation (Keratoplastik) mit einer menschlichen Hornhaut. Der Spender, ein elfjähriger Junge, war in einen Fahrradunfall verwickelt. Dabei bekam er Metallsplitter in die Augen, sein Augenlicht war nicht zu retten. Zirm entfernte das Hornhautgewebe und pflanzte es Alois Gloger, der bei einem Arbeitsunfall erblindete, in beide Augen wieder ein. Auf einem Auge blieb die Sehkraft bis zu seinem Tode erhalten. Da das Hornhautgewebe sehr schwach durchblutet ist, gibt es auch so gut wie keine Abstoßungsreaktionen.

1906

Erste Versuche der Nierentrans-plantation vom Tier (Schwein u. Ziege) auf den Menschen im Krankenhaus Hôtel-Dieu in Lyon durch Mathieu Jabouly (1860-1913) aus Lyon, Frankreich. Diese Operationen scheiterten. Einer seiner bekanntesten Studenten war Alexis Carrel. Zur gleichen Zeit führte Ernst Unger experimentelle Transplantationen an der Rudolph-Virchow-Klinik in Berlin durch. Aber auch diese Transplantationen waren nicht von Erfolg gekrönt.

1908

 

Alexis Carrel (1873-1944) und Charles Claude Guthrie (1880-1963), beide 1904 in die USA nach Chicago ausgewandert und seit 1906 am Rockefeller Institute in New York, perfektionieren zusammen die Gefäßnaht. 

1908

Die Franzosen Alexis Carrel (1873-1944) und Charles Claude Guthrie (1880-1963) entdeckten, dass durch eine künstliche Unterkühlung der Organe der Stoffwechsel vermindert werden kann (Hypothermie) und sie damit länger zu konservieren sind. Darüber hinaus untersuchten sie die biochemischen Bedingungen der Funktion von Transplantaten im Empfängerkörper. Eine, mit Eigenorganen vorgenommene Transplantation bei einem Hund, war ein langfristiger Erfolg - das Tier überlebte mehrere Jahre.

1908

 

Alle anderen Versuche zwischen genetisch unterschiedlichen Tieren scheiterten an der einsetzenden Abstoßungsreaktion. Das veranlasste den Mediziner zu der Annahme eines „unbekannten Moments“ bei Transplantationen. Als Alexis Carrel 1908 ein Hundeherz an die Halsgefäße eines anderen Tieres anschloss, wollte er nur die Funktions- fähigkeit der Gefäßnähte beweisen. Ganz nebenbei hatte er als erster ein Herz transplantiert, das zwei Stunden schlug. Alexis Carrel führte zudem noch Herzklappenoperationen durch und war in der Lage Herzmuskelzellen in Kulturen zu züchten. 1912 erhielt er als Anerkennung seiner Arbeiten über die Gefäßnaht sowie über Gefäß- und Organtransplantationen den Nobelpreis.

1909

 

Ernst Unger (1875-1938) gilt als ein Pionier der Organtransplantation. Er leistete fundamentale Arbeiten zur Nierentransplantation. In den Jahren 1909 bis 1910 führte er Nierentransplantationen zwischen Hunden verschiedener Rassen durch. Bis 1910 konnte Unger über einhundert Transplantationen berichten, die jedoch letztendlich alle nicht auf Dauer erfolgreich waren. Ende 1909 versuchte er, einem Affen die Niere eines totgeborenen Kindes zu transplantieren; auch dieser Versuch scheiterte. Das Misslingen dieses Versuches führte Unger auf rein technische Probleme zurück.1910 transplantiert er die beiden Nieren eines Schweinsaffen aus Borneo in die Leiste einer 21-jährigen Patientin, bei welcher sich ein Nierenversagen andeutete. Die Frau starb am zweiten Tag nach dem Eingriff an einem Lungenödem. Unger folgerte, dass zwischen Tieren und Menschen eine biochemische Barriere existiert, welche entsprechende Transplantationen unmöglich macht.

1910

 

Ernst Unger (1875-1938) veröffentlichte 1910 die erste Darstellung einer menschlichen Nierentransplantation.

1912

 

Der Pathologe Geörge Schöne äußerte als erster die Vermutung, dass die Abstoßung von Transplantaten nicht auf eine Unverträglichkeit von Blutgruppen zurückzuführen ist, sondern auf einen Immunprozess: Fremde Eiweißstoffe wirken im Körper als Antigen, das die Bildung spezifischer Antikörper provoziert. Sie stoßen die Immunreaktion an. Normalerweise richtet sich diese Schutzfunktion gegen eindringende Bakterien und Viren, ebenso jedoch auch gegen verpflanzte Organe.

1915

 

William H. Howell (1860-1945), Physiologe (Baltimore), und sein Student Jay McLean isolieren den gerinnungshemmenden Stoff Heparin. Damit ist das Problem der Blutgerinnung, die immer dann auftritt, wenn Blut an Körperoberflächen tritt oder mit Fremdstoffen in Berührung kommt, gelöst. Erst blutgerinnungs-hemmende Mittel machen später den Einsatz von Dialyse- und Herz-Lungenmaschine möglich.

1930

Karl Landsteiner (1868-1943) erhält den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für die Entdeckung der Blutgruppen.

1933

 

Erste Nierentransplantation von einem verstorbenen Spender durch Dr. Yurii Voronoy (1895-1961)in Kiew. Der Empfänger war eine 26-jährige Frau, die nach dem Schlucken von Quecksilberchlorid (Selbstmordversuch) in ein urämischen Koma gefallen war. Die Spenderniere wurde einem 60-jährigen Mann, der von nach einem Schädelbasisbruch gestorben war, entnommen. Der Spender war bereits 6 Stunden tot. Die Niere war ABO- inkompatible (B bis O). Der Empfänger starb 48 Stunden später ohne Urin produziert zu haben. In den sechs Transplantationen von denen Voronoy berichtete, trat bei keinem Empfänger eine signifikante Nierenfunktion ein. In seinen experimentellen Studien kommt Voronoy zu dem Ergebnis, dass „Abstoßungen“ als ein immunologisches Ereignis zu betrachten seien.

1935

 

In den Vierzigerjahren führte der russische Chirurg Wladimir Demichow (1916-1998) bei Hunden über 100 experimentelle Herz- Lungentransplantationen ohne Herz-Lungen- Maschine oder Immunsuppression durch. Er konnte zeigen, dass diese transplantierten Organe die Versuchstiere zumindest über eine kurze Zeit am Leben erhalten konnten. Während seiner Versuche ging Demichow irrtümlicherweise davon aus, dass das Versagen von Spenderorganen nicht durch eine Immunreaktion, sondern durch mangelhafte Operationstechniken verursacht würde.

1937

 

Peter Gorer (1907-1961), im Guys Hospital, London, ist auf dem Gebiet der Krebsgrundlagenforschung tätig, schafft mit seinen Untersuchungen zum Verhalten von Antigenen bei Tumortransplantaten die Basis für die spätere Entdeckung von besonderen Transplantatantigenen und damit eine der ersten wesentlichen Voraussetzungen für den Nachweis der immunologischen Abstoßungsreaktion und für die Entwicklung von Gewebeverträglichkeitstests. 

1937

 

Im Rahmen eines Experiments setzt John H. Gibbon (1903-1973) zum ersten Mal experimentell ein Modell der von ihm seit 1934 entwickelten Herz-Lungen- Maschine klinisch ein. 

1943

 

Nachdem mit Heparin eine chemische Substanz bekannt war, die die Blutgerinnung verhinderte, entwickelte Willem Kolff (1911- 2009) in den Niederlanden mit Hilfe von Zellophanröhren die erste funktionstüchtige künstliche Niere. Willem Kolff erhielt 2002 den Lasker Award für seine Verdienste bei der Entwicklung der „künstlichen Niere“.

1943

 

Am 17. Marz 1943 behandelte Willem Kolff erstmals eine Patientin mit der „künstlichen Niere“. Eine dauerhafte Behandlung war nicht möglich, da die Anlage eines „Dialyseshunts“ noch unbekannt war.

1944

 

Sir Peter Medawar (1915-1987), britischer Zoologe, erhielt 1942 vom Medical Research Council den Auftrag, sich des „Problems der Transplantate“ anzunehmen. Er war es, der als erster die immunologische Grundlage der Abstoßung fremden Gewebes beschrieb. Er berichtete über das Phänomen, dass ein zweites Transplantat vom gleichen Tier schneller abgestoßen wurde als das erste und schrieb diese Tatsache einem aktiven Immunisierungsmechanismus zu. Er erkannte auch als erster die Bedeutung sowohl des retikulo-endothelialen Systems als auch die der Lymphozyten, denen er im Falle einer zweiten Abstoßung den Namen „immunkompetente Zellen“ gab.

1944

 

Sir Peter Medawar (1915-1987), britischer Zoologe, entdeckte bei Hauttransplantationen an Tieren die Grundlagen der modernen Transplantationsimmunologie: Gewebekompatibilität und Immunreaktion. Es wurden die Mechanismen und Eiweißmoleküle entdeckt, die für die Abstoßungsreaktionen des Körpers verantwortlich waren.

1944

 

So begann neben der Gefäßchirurgie in einem zweiten Fachgebiet, der Immunologie, ein Wissenssprung, der ohne die Wissbegierde auf dem Gebiet der Transplantation in diesem Jahrhundert wohl nicht stattgefunden hätte.

1947

 

Im Jahr 1947 war es David M. Hume (1917- 1973), der im Peter Brent Brigham Hospital in Boston die erste Nierentransplantation an einer jungen Frau durchführte. Die Bedingungen, unter welchen dieser Eingriff durchgeführt wurde, waren abenteuerlich: Der Eingriff fand mitten in der Nacht in einem kleinen Zimmer des Krankenhauses im Licht von zwei transportablen OP-Lampen statt; die Verwaltung hatte den jungen Ärzten untersagt, einen der Operationssäle zu benützen. Hume setzte die Niere in die linke Cubita ein. Die Harnausscheidung war zunächst zufrieden stellend, sistierte aber bereits am ersten postoperativen Tag.

1950

 

Richard H. Lawler (1895-1982) führte 1950 die erste „post-mortale“ Nierentransplantation bei einem Patienten mit polyzystischer Nierenerkrankung durch. Ruth Tucker (49) wurde am 17. Juni im Little Company of Mary Hospital in Chicago die Niere eines an Leberzirrhose gestorbenen Patienten eingepflanzt. Sie lebte damit mehr als 4 Jahre und verstarb dann an einem Herzleiden, das mit der Transplantation in keinem Zusammenhang stand. 

1950

 

A Time article on July 3, 1950 called it "a desperate experiment on a woman doomed to die because both kidneys were hopelessly diseased." Tucker had waited at the hospital for five weeks prior to June 17 for a suitable donor. That morning, a healthy kidney became available from a woman who had died of cirrhosis of the liver. "Not the most ideal patient, but the best we could find," said Dr. Richard H. Lawler, the surgeon who directed the transplant, in an interview after the surgery.

1950

 

Die erste erfolgreiche Nierentransplantation erweckte große Hoffnungen und gab Anlass zu einer ganzen Reihe weiterer Transplantationen. Die Ergebnisse waren jedoch ernüchternd, da die Organe innerhalb weniger Monate durch die Immunabwehr zerstört wurden. Am Presbyterian Hospital in New York wurde erstmals der Versuch der Transplantation einer Bauchspeicheldrüse (Pankreas) unternommen.

1952

 

Prof. Jean Hamburger (1909-1992) führte in Paris die erste Nierentransplantation von einem Lebendspender durch. Der 16-jährige Empfänger einer Niere seiner Mutter. Er überlebt jedoch nur kurz.

1953

 

Im Mai 1953 führt John H. Gibbon (1903- 1973) in Boston die erste Herzoperation mit seiner in 16 Jahren entwickelten Herz- Lungen-Maschine durch. Damit war es zum ersten Mal möglich Operationen am offen Herzen durchzuführen. Die Patientin war eine 18 Jahr und litt unter einem Loch in der Herzscheidewand. 

1954

 

Erste erfolgreiche Nierentransplantation am 23.12.1954 durch Dr. Joseph Edward Murray (1919-2012, Boston), USA. Der Empfänger lebte fortan in völliger Gesundheit, heiratete bald nach der Operation und gründete eine Familie. Die Organverpflanzung erfolgte zwischen eineiigen Zwillingen, also gewebeidentischen Menschen (Isotransplantation). Sie machte klar, dass erfolgreiche Transplantationen bei nicht identischen Gewebsmerkmalen nur durch eine Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen möglich werden.

1954

 

Ronald Herrick wollte nur eines: das Leben seine Bruders Richard retten. Nicht einen Augenblick habe er gezögert diesen Schritt zu tun, sagte er 73- jährig. Seiner Entscheidung folgte die erste erfolgreiche Organtransplantation. Die historische Operation am 23. Dezember 1954 im damaligen Peter Brent Brigham Hospital in Boston dauerte fünfeinhalb Stunden. Sie sicherte nicht nur das Leben von Herricks Bruder für weitere acht Jahre, sondern führte zu zigtausenden Nierentransplantationen in aller Welt und schließlich auch zur Verpflanzung weiterer Organe vom Herzen bis zur Leber.

1955

 

Dr. Claude E. Welsch (1906-1996) führt die erste Lebertransplantation im Tierversuch durch.

1957

 

Edward Donnall Thomas (1920-2012), von der Columbia Universität in New York, berichtete von seinem ersten klinischen Versuch zur Behandlung von Krebserkrankungen durch die intravenöse Gabe von Knochenmark nach einer intensiven Vorbehandlung durch Medikamente (Chemotherapie) und Bestrahlung - die erste Knochenmarktransplantation. Edward Donnall Thomas erhielt 1990 zusammen mit Joseph Edward Murray den Nobelpreis für Medizin. Er heilte 1987 José Carreras, den weltbekannten Tenor, mit autologer Stammzelltransplantation von seiner akuten Leukämie.

1958

 

Eine französische Forschergruppe konnte erstmals einer Gruppe von Strahlenopfern, deren eigenes Knochenmark bei dem Unfall zerstört wurde, mit einer Knochenmarktransplantation erfolgreich behandeln. Fünf der sechs Patienten überlebten die Transplantation und führten danach ein ganz normales Leben. Die Ärztin Delta Uphoff (USA) experimentierte mit dem Krebsmedikament Amethopterin und stellte fest, dass die Droge die Transplantat- Gegen-Wirt-Reaktion (graft-versus-host- reaktion) beeinflusst. Diese Form der Abstoßung, bei der das Transplantat gegen den Körper des Empfängers reagiert, ist typisch für Knochenmarkübertragungen.

1958

 

Neben den Erforschungen der Grundlagen der zellulären und humoralen Immunität durch zahlreiche hervorragende Wissenschaftler entdeckte 1958 Prof. Jean Dausset (1916-2002) den menschlichen Histokompatibilitätskomplex (HLA= Human Leukocyte Antigen-System). Mit seiner Hilfe unterscheidet das Immunsystem anhand spezifischer, ererbter Merkmale zwischen fremdem Gewebe und eigenem). Diese Typisierung ist heute ein Kriterium für die Organverteilung. In den folgenden Jahren wurde immer klarer, dass sich durch eine Unterdrückung der Immunantwort die Transplantatabstoßung verhindern lässt. 

1958

 

Die erste Herzoperation unter Anwendung der Herz- ungen-Maschine in Deutschland fand am 18. Februar 1958 am Marburger Universitätsklinikum statt und wurde von dem bedeutenden Herzchirurgen Rudolf Zenker durchgeführt. Operiert wurde eine 29-jährige Patientin mit Ventrikelseptumdefekt. 

1959

  

Sowohl in Boston als auch in Paris gelang es erstmalig eine Niere zwischen zweieiigen, also genetisch unterschiedlichen Zwillingen zu transplantieren und die nachfolgende Abstoßung mit Hilfe von Bestrahlung zu begrenzen. Beide Patienten lebten noch 20 bzw. 26 Jahre. Ebenfalls in Paris wurde die erste langfristig erfolgreiche Knochenmarktransplantation in Europa durchgeführt.

1959

Anlässlich ihrer Veröffentlichungen beginnt die Diskussion um ein dem medizinischen Stand entsprechendes Todeskriterium, das irreversible Koma. Nachdem es Ende der 50er Jahre mit der Entwicklung von Respiratoren (manuellen oder elektrischen Beatmungsgeräten) möglich geworden ist, Atmung und Kreislauf künstlich aufrecht zu erhalten, beschrieben die beiden Neurophysiologen Pierre Mollaret (1898- 1987, links) und Maurice Goulon erstmals mit dem Begriff „Coma depassé“ einen Zustand unterhalb des Komas. In ihm sind keinerlei Lebensäußerungen des Gehirns mehr zu erkennen. Die verbesserten medizinischen Behandlungsmöglichmethoden erlauben nun Erfolg versprechende Nierentransplantationen zwischen Geschwistern, aber auch nicht verwandten Personen.

1959

 

Im Oktober berichteten Richard „Dick“ Lower (1929- 2008) und Norman Shumway (1923-2006, links)von der Stanford Universität in Palo Alto über die von ihnen im Tierversuch entwickelte - im Prinzip bis heute gültige Herztransplantationstechnik.

1959

Im Jahr 1959 begannen die ersten Tierversuche mit Thiopurinen - unter anderen mit Azathioprin. Man hatte bereits herausgefunden, dass diese Substanzen über eine Blockade der Nukleinsäuresynthese die Proliferation und Reifung der Lymphozyten bremsen und so die Immunantwort schwächen können. In den frühen 60er Jahren konnten zunächst bei Hunden, in Folge aber auch bei humanen Nierentransplantationen respektable Erfolge mit Azathioprin und Steroiden erzielt werden. Durch die Erfahrungen mit Anti- Lymphozyten-Serum wurde ein weiteres Instrument zur Immunsuppression insbesondere in Fällen von akuten Abstoßungen dazu gewonnen.

1959

 

Im Jahr 1959 begann die experimentelle Anwendung von Immunsuppressiva, insbesondere Kortikosteroiden und dem Antimetaboliten Azathioprin, der gemeinsam mit dem Nobelpreisträger George Hitchings entwickelt wurde. Diese Medikamente unterdrückten das Immunsystem und verhinderten die sofortige Abstoßung fremder Organe. Dadurch wurde es möglich, Transplantationen auch zwischen genetisch nicht identischen Menschen durchzuführen. 

1963

 

1963 folgte die erste Lebertransplantation (Thomas Starzl, USA) und 1967 die erste erfolgreiche Herztransplantation durch Christiaan Barnard in Südafrika. Doch die Abstoßungsreaktionen blieben ein zentrales Problem, und viele Patienten starben früh nach der Operation.

1970er und 1980er

 

Die 1970er- und 1980er-Jahre: Durchbruch mit Eiclosporin. Ein entscheidender Fortschritt gelang 1972 mit der Entdeckung des Immunsuppressivums Ciclosporin (Cyclosporin A), das ab 1983 klinisch zugelassen wurde. Ciclosporin revolutionierte die Transplantationsmedizin: Es ermöglichte deutlich bessere Überlebensraten und reduzierte die Organabstoßung erheblich. Die Zahl der Organtransplantationen stieg in der Folge weltweit rasant an.

1990er bis heute

 

1990er-Jahre bis heute: Neue Generationen von Immunsuppressiva. Seit den 1990er-Jahren wurden neue Medikamente entwickelt, die gezielter und mit weniger Nebenwirkungen das Immunsystem modulieren. Dazu gehören: Tacrolimus (ähnlich wie Ciclosporin, aber stärker wirksam), Mycophenolat- Mofetil (hemmt selektiv die Proliferation von T- und B- Zellen), Sirolimus (Rapamycin), ein mTOR-Inhibitor mit antitumoralen Eigenschaften. Diese Medikamente werden meist in Kombination eingesetzt, um eine individuell angepasste Immunsuppression mit möglichst geringer Toxizität zu ermöglichen. Moderne Entwicklungen und Perspektiven. Heute wird intensiv an personalisierten Therapien gearbeitet, biologische Medikamente wie Monoklonale Antikörper (z. B. Basiliximab gegen IL-2-Rezeptoren), Strategien zur Toleranzinduktion, also einer langfristigen Akzeptanz des Transplantats ohne chronische Immunsuppression, sowie der Einsatz von künstlichen Organen und Xenotransplantationen (z. B. Schweineorgane). 

Fazit

 

Die Geschichte der Organtransplantation ist untrennbar mit der Entwicklung moderner Immunsuppressiva verknüpft. Seit 1959 wurden bedeutende Fortschritte erzielt, die es heute ermöglichen, Leben mit einer Qualität und Dauer zu verlängern, die vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wären. Die Forschung geht weiter - mit dem Ziel, Transplantationen noch sicherer, nachhaltiger und für mehr Patienten zugänglich zu machen. Seit den 2000er-Jahren wurden mehrere neue Medikamente zur Immunsuppression bei Organtransplantationen entwickelt, die auf innovativen Wirkmechanismen basieren. Hier sind einige der wichtigsten neueren Medikamente, ihre Entdeckung, Entwickler und Wirkmechanismen:

1.

Tegoprubart (AT-1501) Entdeckung & Entwickler: Entwickelt von Atara Biotherapeutics. Wirkmechanismus: Tegoprubart ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der den CD40L- Rezeptor blockiert. Durch die Hemmung dieser Signalübertragung wird die Aktivierung von T-Zellen reduziert, was die Abstoßung von Transplantaten verhindern kann. Klinische Studien haben gezeigt, dass Tegoprubart die Überlebensrate von Transplantaten verbessert, insbesondere bei Nieren- und Inselzelltransplantationen.

2.

GSK2831781 Entdeckung & Entwickler: Entwickelt von GlaxoSmithKline. Wirkmechanismus: Dieser monoklonale Antikörper zielt auf LAG-3+ aktivierte T- Zellen ab, die bei Autoimmunerkrankungen und Transplantatabstoßung eine Rolle spielen. Durch die Depletion dieser Zellen wird die Immunantwort moduliert, was das Risiko einer Abstoßung verringern kann.

3.

Ascomycin (FK520) Entdeckung & Entwickler: Ascomycin wurde erstmals in den 1980er-Jahren von Forschern des Unternehmens Fujisawa Pharmaceutical Company (jetzt Astellas Pharma) entdeckt. Wirkmechanismus: Ascomycin bindet an Immunophilinen, insbesondere an Macrophilin-12, und hemmt dadurch die Aktivierung von T-Zellen. Es wirkt ähnlich wie Tacrolimus, jedoch mit einer anderen chemischen Struktur und möglicherweise unterschiedlichen Nebenwirkungsprofilen.

4.

Sphingosin-1-phosphat (S1P) Rezeptor-Modulatoren Entdeckung & Entwickler: FTY720 (Fingolimod) wurde 1992 von Forschern der Universität Osaka synthetisiert. Wirkmechanismus: Fingolimod wirkt als Agonist des S1P1-Rezeptors und führt zur Sequestrierung von Lymphozyten in Lymphknoten, wodurch deren Migration zu Entzündungsherden und Transplantaten reduziert wird. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung.

5.

Belatacept (LEA29Y) Entdeckung & Entwickler: Entwickelt von Bristol-Myers Squibb. Wirkmechanismus: Belatacept ist ein rekombinantes Fusionsprotein, das die Bindung von CD80/86 an CD28 blockiert, wodurch die Co-Stimulation von T-Zellen verhindert wird. Dies führt zu einer verminderten Aktivierung von T-Zellen und damit zu einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung.

Diese neueren Medikamente bieten vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Langzeitüberlebensraten von Transplantaten und zur Reduzierung der Nebenwirkungen herkömmlicher Immunsuppressiva. Die Forschung in diesem Bereich ist weiterhin aktiv, mit dem Ziel, noch spezifischere und sicherere Therapien zu entwickeln.